„Selbstbestimmung stärken! Demokratie leben!“ Online-Fachtag

18. Juni 2024, 10:00 - 16:00 Uhr

Der Rechtsruck hat die Mitte unserer Gesellschaft erreicht. Rassistische, antisemitische, LSBTIQ*-feindliche Hetze und demokratiefeindliche Ideologien verstärken sich massiv gegenseitig und bedrohen vor allem marginalisierte Gruppen und die demokratische Zivilgesellschaft. In diesem Jahr finden Europa-, Landtags- und Kommunalwahlen statt. Das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben, Teilhabe von marginalisierten Gruppen und die Grundwerte unserer Demokratie sind massiv bedroht und könnten in einigen Regionen auf dramatische Weise ausgehöhlt werden.
Wie kann die demokratische Zivilgesellschaft diesem Rechtsruck standhalten, den Zusammenhalt stärken und sich gegenseitig unterstützen? Wie können queere Menschen in ländlichen und strukturschwachen Räumen empowert werden? Was ist nötig, um die Regenbogenkompetenz in Bereichen wie Bildung, Sport oder in den Regelstrukturen der Wohlfahrtspflege sowie in Verwaltungen zu erhöhen? Wie können etablierte Regelstrukturen und Selbstvertretungen der LSBTIQ*-Communitys zusammenwirken, um für ein selbstbestimmtes Leben in der Demokratie zu werben und Anfeindungen entgegenzuwirken?

Zu diesen Fragen lädt das Kompetenznetzwerk „Selbst.verständlich Vielfalt“ zahlreiche Expert*innen zum Online-Fachtag ein. Der Fachtag wird durch Gebärdensprachdolmetschende (DGS) und ein Awareness-Team begleitet.

Die Teilnahme am Fachtag ist nach Anmeldung kostenfrei möglich.

Programm

10:00 Uhr Eröffnung des Fachtages

10:15 Uhr Grußwort

• Nora Eckert, Bundesverband Trans*

10:30 Uhr Keynote

11:00 Uhr Diskussion: „Selbstbestimmung und Demokratieförderung aus unterschiedlichen Blickwinkeln“

• Dr. Janine Dieckmann (Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena)
• Eren Güvercin (Alhambra Gesellschaft e. V.)
• Matthias Gothe (Vielfalt Leben – QueerWeg Verein für Thüringen e. V.)
• Silvia Rentzsch (Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e. V.)

12:00 Uhr Mittagspause & Möglichkeit zum informellen Austausch in Break-Out-Session

13:00 Uhr Workshops

Workshop 1 „TIN* – ein Thema für die Menschenrechtsbildung?“ (Silvia Rentzsch, Christin Richter, Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e. V.)

Trans*, inter und nicht-binäre Kinder und Jugendliche sind in besonderem Maße gesellschaftlicher, rechtlicher und medizinischer Diskriminierung ausgesetzt, das ist inzwischen hinreichend belegt. Mit der Ratifizierung völkerrechtlicher Konventionen hat sich die Bundesrepublik theoretisch jedoch dazu verpflichtet, gegen jegliche Form von Diskriminierung (z.B. aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung) vorzugehen. Doch wie steht es um die Umsetzung der Menschen- und Kinderrechte für TIN* Personen? Wie gelangen Kinder und Jugendliche an Wissen über Geschlechtsidentität sowie um ihre spezifischen Rechte und wie werden sie ermächtigt, diese einzufordern? Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Frage, wie sie durch Menschen- und Kinderrechte und das Wissen um diese in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützt und gestärkt werden können. Diesen und weiteren Fragen wollen wir uns in diesem Workshop widmen.

Silvia Rentzsch (sie/ihr) arbeitet seit 2017 hauptamtlich bei Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e.V. als Geschäftsleitung. Sie ist seit 2000 aktivistisch tätig und hat mehrere Jahre Beratungen von TIN-Personen in Westsachsen durchgeführt. Sie ist in unterschiedlichen Gremien und bringt mit ihrer Expertise die Bedarfe von TIN-Personen ein. Sie hat freiberuflich an der Hochschule für soziale Arbeit Mittweida zum Thema „Geschlechtervielfalt in der sozialen Arbeit“ doziert. Silvia ist Mitbegründerin des Bundesverband Trans* und hat mit anderen Aktiven das Bundesnetzwerk Trans*Aktiv koordiniert. Sie hat Verwaltungsfachangestellte für Kommunal- und Landesverwaltung gelernt.

Christin Richter (sie / keine Pronomen) ist Aktivist*in und arbeitet als Bildungsreferent*in bei Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e.V. (TIAM). Christin hat Geschichte und Gender Studies studiert und war Teilnehmende der Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte, hat freiberuflich kreative sozio-politische Bildungsprojekte mit Kids und Lehrkräften gemacht und war Fellow bei Teach First Deutschland. In der Arbeit sind ihr ein zugewandt fragender, intersektionaler, queerfeministischer, Rassismus-, Klassismus- und machtkritischer Zugang wichtig. Christin spricht aus einer weißen, non-binär und lesbischen Perspektive.

Workshop 2 „Let’s Talk About Queer Spaces: Austauschformat zur Etablierung queerer Räume in ländlichen Regionen“ (Matthias Gothe, Vielfalt Leben – QueerWeg Verein für Thüringen e. V.)

Thüringen ist ein sehr ländlich geprägtes Bundesland mit wenigen größeren Städten. Damit leben viele Menschen nicht in unmittelbarer Nähe zu queeren Angeboten. Trotzdem ist es hier gelungen, in mehreren Orten lokale queere Projekte, Gruppen oder CSDs zu etablieren. In diesem Workshop bietet Matthias Gothe den Teilnehmenden die Möglichkeit zum Austausch über Herausforderungen im Aufbau queerer Räume, Beispiele guter Praxis und Unterstützungsmöglichkeiten.

Matthias Gothe ist Projektkoordinator (Vielfalt Leben – QueerWeg Verein für Thüringen e. V.) und Vorstandsmitglied bei der AIDS-Hilfe Weimar und Ostthüringen e. V. Seit vielen Jahren engagiert er sich sowohl in den Bereichen Vielfaltsgestaltung als auch Antidiskriminierung, zu denen namhafte Projekte in Thüringen geplant und umgesetzt werden konnten. Dabei empowert er Anliegen und Zielstellungen von Selbstvertretungsorganisationen.

Workshop 3 „Heilig und Teufel zugleich – Transgeschlechtlichkeit und Queerness zwischen religiöser Ehrfurcht und Anxiety“ (Dr. Leyla Jagiella, Ethnologin, Religionswissenschaftlerin und Autorin)

Queerness hat ein vielfältiges und dynamisches Verhältnis zu Religion und Religiösität. Dies liegt zum einen daran, dass es weder „die“ eine klar definierte Queerness gibt, noch „die“ Religion oder Religiösität. Unterschiedliche Religionen und Interpretationen von Religion haben zu verschiedenen Formen von Queerness sehr verschiedene positive und negative Beziehungen gepflegt und umgekehrt. Gemeinsam ist vielen religiösen Traditionen, dass Queerness oft als „Sonderfall“ wahrgenommen wird. Menschen, die aus der nicht universellen aber oft üblichen Binarität von Geschlecht und Sexualität herausfallen, werden oft verteufelt und marginalisiert, manchmal jedoch auch verehrt und als besonders gesegnet wahrgenommen. In dem Workshop wollen wir uns dieses Verhältnis etwas genauer anschauen. Leyla Jagiella wird dazu besonders aus ihren Gesprächen und Erfahrungen mit vorwiegend muslimisch und hinduistische geprägten hijra und khwajasara trans* communities in Indien und Pakistan schöpfen, aber auch Vergleiche zu anderen Kontexten und zur religiös-queeren Geschichte und Gegenwart in Europa ziehen.

Leyla Jagiella ist Ethnologin, Religionswissenschaftlerin und Autorin. Als selbständige Fachreferentin für Geschlecht und Sexualität im Islam ist sie seit vielen Jahren als trans* Aktivistin unterwegs und hält Workshops und Vorträge in Deutschland, Großbritannien, Pakistan und Südafrika. Darüberhinaus ist sie als Mitarbeiterin der Muslimischen Akademie Heidelberg Projektleiterin der Jüdisch-Muslimischen Kulturtage Heidelberg. Ihre zuletzt publizierte Monografie – eine Reflektion ihres Lebens mit hijra und khwajasara trans* communities in Indien und Pakistan im Kontext von Konstruktionen von Geschlecht und Sexualität im Islam – ist „Among the Eunuchs“. A Muslim Transgender Journey“, erschienen 2021 im Hurst Verlag, London. Außerdem publizierte sie Artikel, Essays und andere Beiträge in Critical Muslim, im Publik Forum, im Qamar Magazin, in ZEIT Geschichte und anderswo.

Workshop 4 „Wer organisiert Transfeindlichkeit und was organisieren wir?“ (Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena)

In diesem Workshop soll zuerst ein Einblick in die Grundlagenarbeit zu „organisierte Transfeindlichkeit“ unseres Forschungsprojektes gegeben werden, das das IDZ Jena in Kooperation mit dem Bundesverband Trans* durchführt. Im Anschluss sollen in einem intensiven Austausch gemeinsam Möglichkeiten zum Umgang mit (organisierter) TINA-/Transfeindlichkeit aus Betroffenenperspektive erarbeitet werden. Der Workshop richtet sich vor allem an TINA-Personen und Menschen, die regelmäßig mit organisierter TINA-Feindlichkeit konfrontiert sind. Die Teilnehmendenanzahl ist aufgrund der Sensibilität des Themas auf 20 Personen beschränkt. Dieser Workshop wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

15:00 Uhr Kaffeepause & Rückkehr ins Plenum

15:15 Uhr Kurzberichte aus den Workshops

15:30 Uhr Closing-Note

16:00 Uhr Verabschiedung

Moderation: Vincent Maron

Der Fachtag wird durch ein Awareness-Team und Gebärdensprachdolmetscher*innen unterstützt. Das Dolmetschen in DGS wird für das Plenum und für einen Workshop nach mehrheitlicher Anmeldung angeboten.

 

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Das Video in Gebärdensprache wurden von FISCHSIGNS – Ihrer Agentur für Gebärdensprache – erstellt.

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